Im Februar erst begrünte die VGF die beiden Wartehallen der Straßenbahn-Haltestelle „Börneplatz / Stoltzestraße“. Ein kleiner Stadtdschungel entstand, der nicht nur Frankfurts Luft besser macht, sondern auch für viele Insekten einen grünen Schutzraum bietet.
Warum daher nicht auch eine Bahn begrünen? Anlass, über diese innovative Idee nachzudenken, war ausgerechnet eine eher penetrante (Mit-)Bewohnerin in Frankfurts Stadtbahn-Zentralwerkstatt (StZW): die Mauerwinkelspinne. Dieses immerhin bis zu 14 Zentimeter große und imposante Spinnentier ist durchaus schützenswert, da seine Verbreitung in Deutschland sehr selten geworden ist.
Grüne Bahnen
Die Idee, die in der StZW stark beheimatete Spinne wieder „auszuwildern“ und ihren Lebensraum in andere Stadtteile zu erweitern, hat die VGF im Konzept „Grüne Bahn“ umgesetzt. Dafür bekommt ein in der Aufarbeitung befindlicher „S“-Wagen mit Lackschäden einen Mantel aus Sedumpflanzen und Moos. Die beschädigte Oberfläche des Fahrzeugs muss so nicht erneuert werden, die Kosten für eine neue Lackierung entfallen somit und werden zu 100% in die Begrünung investiert. In Zusammenarbeit mit der Zoologischen Abteilung der Universität Frankfurt werden die Mauerwinkelspinnen von einem studentischen Team unter der Leitung des Arachnologen Unsgar G. Ziefer artgerecht eingefangen und auf den Straßenbahnwagen umgesiedelt. Bei seinen Fahrten im wechselnden Linienbetrieb durch die Stadt und in verschiedene Abstellanlagen der VGF kann sich dann die seltene Mauerwinkelspinne eine neue Heimat suchen und ihren Lebensraum in Frankfurt über ihr Habitat in der Stadtbahn-Zentralwerkstatt hinaus erweitern. Nützliche Nebeneffekte sind eine Mitfahrgelegenheit (MFG) für andere Kleintiere und Insekten – so sie die Gesellschaft der Spinnen überleben – und ein beeindruckender Hingucker: die grüne Bahn! Die VGF betreibt das Projekt zunächst als Pilot, das Konzept kann aber auf weitere U- und Straßenbahnen ausgeweitet werden.
Keine Gefahr für Fahrgäste
Gefahr für Fahrgäste besteht übrigens zu keinem Zeitpunkt: Für Menschen ist die Spinnenart, so Professor Jochen Krauss, trotz ihrer Größe vollkommen ungefährlich. „Größere heimische Spinnen wie die Hauswinkelspinne und die Große Winkelspinne können mit ihren 'Cheliceren' – das sind die in einer vergrößerten Darstellung gefährlich aussehenden Klauen der Spinnen – schon zwicken“, so der Experte mit Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie der Universität Würzburg im Interview mit der in Würzburg erscheinenden „Main Post“. Sie kämen dabei aber in der Regel nicht durch die Haut.
Beispiel für weitere Projekte
Solche harmlosen Spinnenattacken müsse man in Interesse ökologischer Diversität ohnehin akzeptieren, so Gabriele-Sophie Knies-Wetter von BUND Deutschland: „Das sind geringe Nachteile verglichen mit dem überwältigenden ökologischen Nutzen. Das ist ein beispielhaftes Umweltschutz-Projekt der VGF, von dem wir hoffen, dass es bei anderen Verkehrsbetrieben in Deutschland – vielleicht sogar bei der Deutschen Bahn – bundesweit Schule macht.“ Der BUND stehe hierzu schon mit der VAG Freiburg in Kontakt, um das Frankfurter Konzept in der süddeutschen Universitäts-Stadt umzusetzen, wo sich über eine „Tram-MFG“ eine seltene Lurch-Art verbreiteten könnte, die nur in den Feuchtgebieten des schwarzwaldnahen Stadtteils Littenweiler vorkomme.
Die VGF möchte mit der „Grünen Bahn“ ihr Engagement für die Mauerwinkelspinne zeigen und wird – ganz nebenbei – ihrem Slogan „Alle fahren mit“ in vorbildlicher Weise gerecht.